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Tod in der Arbeitswelt - Ein anderer Blick auf Transformation

Burn-Out ist bereits seit langem ein Thema, dass längst einer breiten Öffentlichkeit bekannt und akzeptiert, ja in manchen Kontexten fast schon zum Status-Symbol geworden ist.

Sterben, Tod und Trauer sind immer noch Tabu-Themen und Privatangelegenheit.


Durch Extremsituationen wie die Corona-Pandemie oder die Flutkatastrophe in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen bekommt die Auseinandersetzung mit Sterben, Tod und Trauer mehr Öffentlichkeit. Die durch Katastrophen bedingten Verlusterfahrungen lassen deutlich werden, dass Trauer sehr komplex gerahmt sein kann und für den Einzelnen mitunter kaum zu bewältigen ist.

Existentielle Erfahrung

Der Tod kommt ungelegen. Immer. Auch jenseits von Extremsituationen gehören Sterben, Tod und Trauer zu den existentiellen Erfahrungen, die jeden Menschen irgendwann treffen und eben auch in den öffentlichen Raum hineinwirken. Die Medien konfrontieren zwar täglich in allen Genres mit dem Tod, trotzdem bleibt er im persönlichen Umfeld ein Krisenereignis, das oft in das Privatleben der unmittelbar Betroffenen abgeschoben wird. Doch der Tod lässt sich aus öffentlichen Bereichen wie der Arbeitswelt nicht einfach ausklammern. Er wird erfahren, wenn Mitarbeiter:innen, Kolleg:innen oder Chef:innen plötzlich oder nach langem Leiden versterben. Trauer findet in noch größerem Umfang dann an der Arbeitsstätte statt, wenn Betriebsangehörige den Tod eines nahestehenden Menschen zu verkraften haben. Aber auch Gewalttaten, tödliche Arbeitsunfälle oder Suizide von Dritten sind Todesfälle, in die Organisationen verwickelt sind können und die zum Handeln auffordern.

Oft ist es Unsicherheit, die zu Verdrängung, Sprachlosigkeit und Ignoranz gegenüber den Bedürfnissen trauernder Menschen im Arbeitsalltag führt. Eine ausschließlich funktionale Perspektive wird Ereignisse wie Sterben, Trauer und Tod als Störung des Betriebsablaufes empfinden und die Notwendigkeit von Unterstützungsleistungen den Mitarbeitenden gegenüber ablehnen. Organisationskulturen, die jedoch Wert auf Mitarbeiterfürsorge und Mitarbeiterbindung legen, gehen einen anderen Weg. Hier braucht es Konzepte, die Mitarbeitenden in kritischen Lebenssituationen Hilfe anbietet, aber auch die betrieblichen und organisatorischen Ziele im Auge behält.


Was Organisationen und Individuen von der Sterbeforschung lernen (können)

Auch strukturelle Veränderungen in Organisationen werden oft als bedrohliche Extremsituationen wahrgenommen. Diese werden in Unternehmen mit entsprechender Organisationskultur durch professionelles sogenanntes Change- oder Transformation-Management begleitet. Eines der bekanntesten Modelle, mit denen das moderne Change-Management arbeitet, kommt aus der Sterbeforschung und geht auf Elisabeth Kübler-Ross zurück, einer Schweizerin, die 1958 in die USA übersiedelte und sich durch ihre Erkenntnisse (und auch unkonventionelle Art) weltweite Anerkennung verdiente.

Sie stellte fest, dass viele Ärzte der Realität des Todes gewöhnlich aus dem Weg gingen. Im Unterschied dazu besuchte sie todkranke Patienten und sprach mit ihnen. Diese Gespräche fasste sie in ihrem Buch On Death and Dying zusammen und beschrieb darin, was Ärzte, Pflegekräfte Geistliche, aber auch Familien von Sterbenden lernen könnten. Mit dieser Publikation und einer offensiven Vermarktung wurde sie, insbesondere ihr Phasenmodell, weltbekannt (deutsch: „Interviews mit Sterbenden“ 1971).

Kübler-Ross selbst betont in ihrem Buch, dass Sterbende „ihren persönlichen Stil, ihre gewohnten Verhaltensweisen“ auch im Sterben nicht aufgeben. Das hält sie aber nicht davon ab, „Phasen darzustellen, die der Mensch durchzumachen hat, wenn er eine unheilvolle Nachricht erhält“.


Sie 5 Phasen des Sterbeprozesses

Der Sterbeprozess beginnt mit der Aufklärung über die tödliche Erkrankung durch den Arzt. Auf die Nachricht, unheilbar erkrankt zu sein, reagieren Kranke stufenweise. Kübler-Ross definierte fünf Phasen des Sterbeprozesses. Sie verstand diese Phasen ursprünglich als Reaktion auf jede Art von Verlust (z. B. Arbeitsplatz oder auch Freiheit), von Trauer und Leiden.

1. Denial (Leugnen)

2. Anger (Zorn)

3. Bargaining (Verhandeln)

4. Depression and Grief (Depression und Leid)

5. Acceptance (Annahme)

Diese Phasen sind mitunter auch bei den Angehörigen zu beobachten. Es handelt sich um unbewusste Strategien zur Bewältigung extrem schwieriger Situationen, welche nebeneinander vorhanden sein und verschieden lang andauern können. Es gibt keine festgelegte Reihenfolge und keinen Ausschluss der Wiederholung einzelner Phasen nach deren erstmaliger Bewältigung. Es können einzelne Phasen ganz ausbleiben. Zudem können sich die Phasen überschneiden und die eine Phase ist stärker ausgeprägt als die andere.


1 Nicht-wahrhaben-Wollen (Leugnen) und Isolierung (englisch Denial)

Das Ereignis (Krankheit, Tod, Katastrophe, allg. extreme Veränderung) wird zuerst geleugnet. Kranke behaupten beispielsweise, dass das Röntgenbild vertauscht wurde oder eine ärztliche Fehldiagnose gestellt worden sei.

2 Zorn (englisch Anger)

Betroffene verspüren Neid auf Nicht-Betroffene. Ihre Gedanken drehen sich um die Frage: „Warum ich?“ Das führt zu unkontrollierbarer Wut auf alle, die nicht (direkt) betroffen sind. Hilfe kann Aufmerksamkeit sein, den Betroffenen nicht aus dem Weg zu gehen und ihren Zorn notfalls zu provozieren, so dass es zur Aussprache kommt. Wichtig dabei bleibt, dass die Betreuenden diesen Zorn nicht persönlich nehmen sollen, da er sonst Gegenzorn provoziert, was eine Spirale des Streits nach sich zieht.

3 Verhandeln (englisch Bargaining)

Diese Phase stellt eine kurze flüchtige Phase dar, in der kindliche Verhaltensweisen zu Tage kommen, wie die eines erst zornigen, dann verhandelnden Kindes, das sich mit häuslichen Tätigkeiten eine Belohnung erhandeln will.

4 Depression und Leid (englisch Depression and Grief)

Die Erstarrung, der Zorn und die Wut werden in zwei Formen von Verzweiflung und Verlust abgelöst. Das Trauern ist ein wichtiger Schritt in dieser Phase und muss den Betroffenen immer erlaubt sein. Und sie müssen es sich selbst erlauben. Ohne subjektives Kennen der Angst und der Verzweiflung ist kein Erreichen der nächsten Phase in Sicht.

5 Annahme (englisch Acceptance)

Nach Neid und Zorn auf alle Gesunden und Lebenden erwarten die Kranken den Tod und dehnen ihren Schlaf aus. Die Phase ist frei von vorangegangenen Gefühlen, der Kampf ist vorbei, der Schmerz vergangen und die Sterbenskranken wollen von den Problemen der Außenwelt in Ruhe gelassen werden. Somit ist dies die schwierigste Phase für die Personen im Umfeld der Sterbenden, da sie auch Zurückweisungen erfahren müssen. Alte erreichen diese Phase der Annahme leichter. Sie blicken auf ihr Leben und einen für sich erkannten Sinn (z. B. eigene Kinder) zurück. Schwierigkeit in diesem Prozess macht die Unterscheidung dieser Phase gegenüber frühem Aufgeben. Angehörige helfen am besten durch stummes Zuhören, indem sie dadurch zeigen, dass sie bis zum Tod dabeibleiben.

In allen Phasen äußern Sterbenskranke direkt oder indirekt ihre Hoffnung, nicht sterben zu müssen. Es wäre ein Fehler, Sterbenden die Hoffnung zu nehmen. Es sei Aufgabe der Angehörigen, Pflegenden und der Ärzte, die Hoffnung aufrechtzuerhalten. Dazu könne man Sterbenden vermitteln, dass ihnen jede nötige Hilfe und Erleichterung zukomme. Auf diese Weise würden die Begleiter zu Freunden.


Die 5. Phase im Kontext – oder Über den Tod ins Leben

Die Übertragung der 5 Phasen auf Veränderungsprozess in Organisationen war naheliegen. Jedoch muss die 5. Phase, mehr als alle anderen, in den Kontext gesetzt werden. In der 5. Phase geht es um das Loslassen, aber auch um das „Neufassen“. Erst wenn ich das Ende des Vergangenen vollständig akzeptiert habe, kann ich offen sein für Neues, Perspektiven und neue Ideen entwickeln. Es ist die berühmte Tür, die zuerst geschlossen werden muss, damit sich eine neue öffnet. Diesen Satz kennt jeder und kann ihn auch verstandesmäßig verstehen. Worauf es ankommt, ist allerdings, dass dieser Satz in der Tiefe verstanden und innerlich angenommen wird. Das ist etwas, das man nicht „tun“ kann. Es passiert nur, wenn das Alte tatsächlich stirbt.

Zwar gibt es keine Abkürzung durch diese Phasen eines Transformationsprozesses, eine externe Unterstützung durch professionelles Coaching kann den Weg jedoch meist erleichtern.


Alte Wunden sind "nicht gestorbene Tode"

Die 5 Phasen beschreiben einen Prozess, der auf Extremsituationen folgt. Viele der in diesen Phasen genannten Gefühle kennen wir aber auch aus einem Alltag ohne Extremsituationen: unkontrollierte Wut auf andere, aus Neid oder weil wir uns nicht wichtig genommen oder verstanden fühlen, kindliche Verhaltensweisen wie Zorn, Rückzug oder Erstarren, Schuldgefühle oder Scham aber auch Angst und Verzweiflung, Orientierungs- oder Machtlosigkeit. Sind diese Gefühle vorbei, empfinden wir diese im Nachhinein oft als irrational und unangemessen.

Das diese Gefühle in bestimmten Situationen trotzdem immer wieder auftauchen liegt oft daran, dass wir in der Vergangenheit, meist in der Kindheit mit Situationen konfrontiert waren, die für Kinder extrem belastend sind und wir Bewältigungsstrategien entwickelt haben, die sich als unbewusste Emotions- und Handlungsmuster etabliert und verfestigt haben. Übertragen auf das 5-Phasen-Modell sind wir meist irgendwo in den ersten drei Phasen, manchmal in der vierten, in einer Schleife gefangen.


Was kann ich im nachhinein tun?

Welche Ereignisse und Situationen für solche sogenannten dysfunktionalen Verhaltensmuster ursächlich sind, ist uns meist nicht bewusst, da unser Unterbewusstsein belastende Gefühle getrennt von Bildern der Situation abspeichert.

Eine „Nachverarbeitung“ zur Auflösung von hinderlichen Mustern ist dennoch möglich. Mit Hilfe von aufdeckender Hypnose können alte Wunden und Erlebnisse aufgedeckt und verarbeitet werden.

Weitergehende Informationen und Unterstützung findest du zum Beispiel hier:



Quellen: Wikipedia (28.11.2021), Bestattungskultur (11.2021)


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